Wessobrunner Schöpfungsgedicht
Anmerkungen zu dieser Übertragung
Der Originaltext stammt von einem unbekannten Autor aus der Zeit um 800 n. Chr und wird hier vollständig wiedergegeben. Das „Wessobrunner Gebet“ wurde in der Bibliothek des bayrischen Klosters Wessobrunn und gilt als die älteste christliche Dichtung in deutscher Sprache.
In der Übersetzung jedoch wurde frei gekürzt, geändert und erweitert. Ziel war eine Übertragung der Inhalte in das Heute.
Der Übertragung des Originaltextes
Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista,
Das erfragte ich bei den Menschen als der Wunder größtes
dat ero ni uuas noh ufhimil,
daß die Erde nicht war noch war oben der Himmel
noh paum noh pereg ni uuas,
noch Baum noch Berg war da
ni suigli sterro nohheinig noh sunna ni scein,
nicht ein einzig heller Stern noch der Sonne Schein
noh mano ni luhta noh der mareo seo.
noch des Mondes Leuchten noch des Meeres Glanz
do dar niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo,
Als da nichts war an allen Enden und Wendepunkten
enti do uuas der eino almhtico cot,
da war aber doch der eine allmächtige Gott
manno miltisto, enti dar uuarun auh manake mit inan
der Männer freundlichster, und da waren auch viele Menschen bei ihm
cootlihhe geista, enti cot heilac.
gütige Geister, und der heilige Gott.
Cot almahtico, du himil enti erda gauuorahtos
Allmächtiger Gott, der Du Himmel und Erde geschaffen hast
enti du mannun so manac coot forgapi,
und den Menschen so viel an Gut gegeben hast
forgip mir in dino ganada rehta galaupa
gebe mir in deiner Gnade rechten Glauben
enti cotan uuilleon, uuistom enti spahida enti craft,
und guten Willen, Weisheit und Klugheit und Kraft,
tiuflon za uuidarstantanne enti arc za piuuisanne
den Teufeln zu widerstehen und Böses zu vermeiden
enti dinan uuilleon za gauurchanne.
und deinen Willen auszuführen.
1. Neufassung
Dies gilt uns Menschen als das größte Wunder:
Da war die Erde noch nicht
und da war noch kein Himmel.
Da war noch kein Baum
und da war noch kein Berg.
Da war kein einziger Stern
und da war auch nicht der Sonne Schein.
Da war nicht das Leuchten des Mondes
und nicht das Glänzen der Meere.
Und als so gar nichts war
an allen Ecken und Enden,
da war doch der eine allgegenwärtige Gott
und bei ihm die gütigen Engel
und bei ihm der heilige Geist.
Allmächtiger Gott,
der Du Himmel und Erde geschaffen hast
und uns Menschen so viel gegeben hast an Gutem:
gib mir in deiner Gnade den rechten Glauben,
gib mir guten Willen, Weisheit und kluges Handeln,
gib mir Kraft, dem Bösen zu widerstehen,
und gib mir Kraft, in deinem Sinne zu wirken.
2. Neufassung (gekürzt)
Dies gilt uns Menschen als das größte Wunder:
Da war die Erde noch nicht
und da war noch kein Himmel.
Und als so gar nichts war,
da war schon der allgegenwärtige Gott
und bei ihm der heilige Geist
und auch die gütigen Engel.
Allmächtiger Gott,
der Du bist seit Ewigkeit
und der uns alles gibt an Gutem:
gib uns in deiner Gnade den rechten Glauben,
gib uns guten Willen, Weisheit und kluges Handeln,
gib uns Kraft, dem Bösen zu widerstehen,
und gib uns Kraft, in deinem Sinne zu wirken.
bearbeitet von Ralf Rabemann
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