Form und Technik

Die folgenden Texte wurden dem Buch "Rabemann - Anmerkungen zum nichtgrafischen Werk" entnommen.

Material Farbe

Farbe dient zunächst allein dazu, einen geeigneten Urgrund herzustellen, aus dessen Strukturen sich erste Bildgestalten herausbilden. Natürliche Vorgänge nachahmend gleicht sich dann schrittweise das Einzelne mit dem Gesamtgefüge ab, indem immer wieder Fehlendes hinzugefügt und dem Ganzen nicht Zuträgliches entfernt wird, „bis jedes Einzelne sich im Ganzen findet und sich das Ganze in allen Teilen zeigt“.

So können manche malerischen Werke bis zum zuletzt Sichtbaren extreme Gestaltwandlungen durchlaufen, die bis zu mehrmaliger vollständiger Übermalung geraten können. Dies ist nicht als Suche nach geeigneter Darstellung zu verstehen, sondern als Vollzug notwendiger Entwicklungsschritte der Bildformung – dabei ist Unsichtbares, Übermaltes ebenso gültiger Bestandteil des Bildes wie das zuletzt Sichtbare.

Solcherart gewachsene und wachsende Bilder stehen abseits des perfekt Planbaren, Vorhersehbaren und Denkbaren und abseits jeder Funktion – sie stehen als Gegenentwurf zu einer Welt, die sich im blinden Eifer zu Betriebslandschaften umfunktionieren lässt, als wäre sie schon immer nur Funktion gewesen.

Material Draht

Aus Draht gebildete Linien ähneln den Linien einer Zeichnung, jedoch bestehen sie anders als diese nicht aus sichtbar hinterlassenen Spuren ebener Bewegung, sondern sind fassbare und erfahrbare Abgrenzungen, welche die Umrisse einer in die Erscheinung drängenden Gestalt festlegen, zum Zeitpunkt ihres elementarsten Ursprungs.

Bei diesem ersten Herausbrechen aus der Ganzheit heraus sind Eigenschaften wie Volumen, Schwere und Zeitlichkeit noch nicht entwickelt - es ist da noch die Gegenwart von durchsichtiger Allverbundenheit zu spüren.

So ähneln die Drahtgerippe nicht von ungefähr der fleischlosen Gestalt des Todes, denn diese steht für den unvergänglichen, nicht fassbaren Teil des Lebendigen: für das, was man ins Dasein bringt und für das, was man mit sich nimmt, wenn man geht.

Material Glas

Als Durchsichtiges, Zerbrechliches stellt Glas eine deutliche Analogie zum Wesen des Lebendigen dar. Die mittels Sandstrahltechnik aufgebrachten Motive schweben entweder wie ein Hauch auf der glatten Oberfläche des Materials, als verschwänden sie demnächst zurück ins Nichts oder sie erscheinen darin als Relief, als hätte sich ein Unsichtbares dort hineingeprägt und als verweilte es noch darin, um irgendwann ins Unbestimmte zurückzukehren.

Die in Spiegelflächen gearbeiteten Motive erhalten ihre Kontur zusätzlich aus der Differenz zwischen dem von hinten durchscheinenden Licht und dem Widerschein der reflektierten, davor befindlichen Welt.

Spiegelnd wird die Welt des Betrachters wie auch dieser selbst vom Motiv angesprochen und im Bild mit in die Bildwelt hineingeformt – so vollzieht der Betrachter einen Weg nach, den der Künstler stellvertretend für ihn schon gegangen ist.

Die Techniken (im Detail)
Veröffentlichungen

stuttgart/kuenstler/form/start.txt · Zuletzt geändert: 2019/02/23 22:01 von rabemann
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