======Orte und Wege====== \\ ====Heimat==== >Als meine erste Liebe\\ >feine Fäden spann\\ >und es begann,\\ >der ich heut bin,\\ >da sang ich sie noch -\\ >meine Gedanken,\\ >die damals waren \\ >noch kein Danken.\\ >\\ >Denn als mein erstes Suchen\\ >teilte sich ins Weit,\\ >da ging ich noch\\ >hinaus aus mir\\ >und brachte da \\ >zu dieser Zeit\\ >so manche Ernte ein,\\ >mein erstes Sein \\ >mir einzufangen.\\ >\\ >Und wenn abends mildes Licht\\ >und milde Luft\\ >durchs off'ne Fenster drang -\\ >dies war immer mir gleich\\ >und galt nur mir -\\ >dies wußte ich schon\\ >in diesen Zeiten.\\ >\\ >Da klangen mir\\ >am Tagesend\\ >der Vögel Lieder\\ >und mir schien, \\ >die sangen so viel,\\ >aber dennoch eines nur\\ >und dieses eine \\ >umgab mich dann\\ >weit in den Schlaf hinein - \\ >solang,\\ >bis ein neuer Tag damit begann,\\ >mir Neues zu bereiten.\\ >\\ >Dieser immer neue Morgenschein,\\ >der immer nur ein neues Bild\\ >des einen Tages ist,\\ >brachte mir\\ >all diese Heiligkeit,\\ >all diesen Frieden,\\ >all dieses helle Schön\\ >tief in mein Sein hinein -\\ >und prägte mein Geschick\\ >ohne zu wissen,\\ >wieviel Glück \\ >und wieviel Licht\\ >und wieviel Sicht\\ >liegt in dieser Zeit,\\ >wo man als Kind\\ >noch vieles sieht \\ >von all diesem Ganzen,\\ >aus dem man stammt -\\ >so sieht man später es\\ >nie wieder.\\ >\\ >So fassten diese Wechsel mir\\ >des Tages Lauf\\ >im festen Gang\\ >des einen immer einen\\ >und all das, \\ >was mein Sehnen fand.\\ >das fasste ich in Wort und Klang\\ >und sang mir daraus stille Lieder,\\ >welche nicht kannten Unterschied\\ >zwischen Wunsch und Sein,\\ >zwischen Trug und Schein\\ >und Wach und Schlaf\\ >und zwischen Sein und War und Werden.\\ >\\ >So lebte ich \\ >wieder und wieder\\ >diesen einen Tag und darin -\\ >den einen Ganzen -\\ >und lebte da\\ >die eine große Zeit,\\ >in der nichts wirklich fehlt,\\ >weil man ihr von Anbeginn\\ >nichts Neues mag da wehren.\\ >Und wieder, wieder folgte ein Tag\\ >des einen mir Ganzen,\\ >an dem nichts mir fehlte.\\ >Und wieder, wieder folgte das,\\ >was jeder Tage nannte -\\ >jene alle, denen allen \\ >dieses eine Sehen fehlte,\\ >und zu denen allen \\ >diese Fülle \\ >jenes ersten letzten Einen\\ >kehrte niemals wieder.\\ >\\ >Doch auch Krankheit ereilte mich \\ >gerade dort, gerade dann,\\ >als ich mit allem fühlte \\ >gleich und einig mich\\ >in eben dieser Weise -\\ >und teilte mich gerade dort,\\ >wo ungeteilt ich war zuvor\\ >oder meinte dieses zu sein -\\ >teilten doch nie\\ >die Tage mich\\ >in ein mehr und mehr.\\ >\\ >So wurd ich dennoch\\ >leise geteilt\\ >und wurde \\ >langsam selber mir ferne\\ >doch oft auch\\ >wieder gefügt:\\ >getrennt, gefügt, geeint\\ >wieder und wieder.\\ >\\ >Denn es half auch \\ >Heilung mir -\\ >gerade dann,\\ >wenn ich gebrochen lag.\\ >So bin ich\\ >genesen wieder und wieder\\ >und so bin ich zuletzt\\ >gesund gewesen - \\ >wieder und wieder.\\ >\\ >So erneuert und erneut\\ >ging ich dann\\ >durch all die Wiesen dort,\\ >die um mich lagen\\ >Und deren Gräser \\ >und deren Blumen Duft\\ >und deren Licht\\ >war immer mir gleich,\\ >als wäre da\\ >der Duft des Einen,\\ >denn immer war alles gleich um mich\\ >und alles war gleich\\ >und alles war schön\\ >und ich bin darin gesundet\\ >wieder und wieder,\\ >und war danach derselbe nicht\\ >und fand mich \\ >dennoch immer wieder.\\ >\\ >Doch all dieser Duft,\\ >der da mich umgab,\\ >der war mir \\ >der Atem der Welt,\\ >den Himmel mir \\ >zu meinem Sein zu holen -\\ >kaum wissend,\\ >was das Eine ist -\\ >noch weniger das ander\\ >und ahnend doch,\\ >das sei der Weg \\ >zum Sein und Sinn:\\ >dieser eine Weg zu mir,\\ >den ich nie fand,\\ >weil ich immer schon\\ >war ganz bei mir\\ >und bin es zugleich\\ >noch nie gewesen,\\ >weil immer ich meinte,\\ >ich müsste weiter, weiter\\ >zu all dem andern\\ >- hinfort von mir,\\ >um mich suchend zu finden\\ >wieder und wieder\\ >und mich zu suchen gerade dort,\\ >wo ich zuvor ging verloren\\ >und zurück nach dort,\\ >wo ich jetzt bin,\\ >als wär ich ganz\\ >noch nie gewesen\\ >und als wär ich immer nur \\ >in Teilen bei mir,\\ >indem ich ständig bin, \\ >der ich bin \\ >und ständig der werde,\\ >der ich zuvor \\ >noch nie gewesen,\\ >als läg ein sonder Sein zu sein\\ >in all meinem Werden.\\ >\\ >Und aller Blumen Schein\\ >aus ihren Blütensonnen\\ >und auch ihr Duft\\ >galt mir als ewig gleich\\ >um mich herum,\\ >denn immer war da Sommer nur\\ >mit seinem Kommen und Gehen,\\ >der mich im Lichte anband\\ >mit seinem Glanz\\ >und seinen Wonnen.\\ >\\ >Der Sommer\\ >war ständig mir fern \\ >und doch immer nah so nah\\ >mit all seiner Pracht \\ >mit all seinem Schein\\ >und er kam und kam\\ >und ging dann nie wieder,\\ >denn immer war Sommer nur\\ >mit all seinem Sein\\ >und seinem Geh'n\\ >und immer war alles gleich durch ihn\\ >und alles war gleich\\ >und alles war schön.\\ >\\ >Auch ließ ich mir des Nachts \\ >in Schlafes Reich\\ >gar manches anders scheinen -\\ >da galt vieles mir\\ >den Blumen gleich,\\ >die da so schöne blühten \\ >an all den Wegen dort,\\ >wo so oft ich ging\\ >zum letzten Bache hin,\\ >der diesen Wiesen floss,\\ >damit man zuletzt\\ >noch etwas fliessend fände.\\ >\\ >Und deren Blumen Farben\\ >gingen mir auf\\ >und blühten mir dort\\ >und blühen noch und noch,\\ >denn immer war Sommer nur\\ >und sein Duft und sein Leuchten \\ >und all seine Blumen \\ >blühten mir auf\\ >in seinem Lichte noch\\ >und sie verblassen mir nur,\\ >wenn ich zum Quell\\ >mich wende.\\ >\\ >Nach vorn jedoch \\ >ists immer gleich,\\ >solange ich geh'\\ >an diesem Ort,\\ >an dem immer ich war -\\ >da war's immmer gleich\\ >und immer war's schön.\\ >\\ >Und an diesem \\ >wie an jenem Bach,\\ >der dort mir\\ >aus der Quelle floss,\\ >da ging ich entlang\\ >wieder und wieder,\\ >bis eine Furt \\ >mir sonders gangbar schien -\\ >von vielen kleinen dort,\\ >wo des Wassers Weg sich bahnt,\\ >und wo ein Fluß \\ >ein Weg sich ist zugleich\\ >und zugleich einen Weg sich lässt,\\ >der nicht ist der seine.\\ >\\ >Oft nahm ich Lehm von dort\\ >am feuchten Ufer\\ >und formte aus dem \\ >kleine nasse Erden mir -\\ >diese waren immer weich\\ >und ohne Ecken.\\ >\\ >Und der Duft,\\ >der mich dabei umgab,\\ >war immer gleich\\ >und wohl ähnlich \\ >diesem einen ersten,\\ >denn um mich herum\\ >und auch in mir\\ >da war ein ständig reiches Werden -\\ >da war immer Sommer nur\\ >und sein Kommen und Gehn\\ >war immer reich\\ >und war immer schön,\\ >denn er war immer voll\\ >und es lebte alles gleich in ihm,\\ >nur um zu leben\\ >und immer schwebte \\ >dieser Blumenduft\\ >durch den schweren Dunst\\ >der Gräser,\\ >zwischen denen sie\\ >in weichen Böden standen,\\ >um mit ihnen neues Sein\\ >und neuen Duft\\ >ins Hier zu geben.\\ >\\ >Und all dieses Sein\\ >und all dieses Hier\\ >und all dieser Duft darum\\ >war immer gleich von Anbeginn\\ >und all diese gute Zeit\\ >und all diese Gunst\\ >all dieses Weich\\ >all dieses Schön\\ >und all dieses Wehen\\ >und all der Klang\\ >und all dieses Weit\\ >und all diesen Geh'n\\ >in einem ewig Bleiben\\ >und all dieses Seh'n\\ >und all dieses Gleich\\ >in diesem ewigen Reich\\ >und all diese Ruh'\\ >und all dieses Sein,\\ >das ich durchging\\ >und ich durchgehe noch -\\ >das ist mir die Heimat\\ >und ist Heimat in mir.\\ \\ \\ ====Sei am Ort==== >Meide das Nicht \\ >und schaue das Licht\\ >und sei am Ort, \\ >genau der du bist\\ >an jedem Ort,\\ >denn so geht es \\ >und anders geht es nicht.\\ >\\ >Atme die Luft, \\ >die da weht an deinem Ort \\ >und spüre, was von ihr \\ >in dich geht von diesem Ort\\ >und was von dir nach draussen geht\\ >hinaus in die Luft an diesem Ort,\\ >die da draussen geht\\ >zwischen all dem, was da ist\\ >und all dem, was lebet dort.\\ >\\ >Trinke und nimm, \\ >was da fliesst an diesem Ort,\\ >denn was Du dort und jetzt nicht trinkst,\\ >das fliesst für immer dir fort\\ >von diesem Ort.\\ >\\ >Alles das, \\ >was du von alle dem nimmst\\ >in jedem Moment von diesem Ort\\ >mit all dem, was da fliesst\\ >nach dort oder von dort,\\ >das nimmst du mit dir \\ >an jeden anderen Ort,\\ >was auch immer \\ >dir wird sein dann dort.\\ >\\ >So geht dir nie fort ein jeglicher Ort\\ >und so gehst du nie fort\\ >von einem jeglichen Ort,\\ >an dem du warst einmal dort\\ >oder der einmal dir war \\ >Ort deines Seins,\\ >wo du jetzt bist oder warst \\ >oder künftig wirst sein -\\ >hier oder dort.\\ >\\ >So kannst immer du sein,\\ >wo auch immer du bist,\\ >denn du bist überall - \\ >genau wie du bist\\ >und nimmst von jedem Ort,\\ >was dort dir ist an diesem Ort\\ >und kannst nehmen es fort\\ >an jeden anderen Ort.\\ >\\ >Und du bist, der du bist\\ >und du bleibst, der du bist\\ >und du wirst, der du sollst sein,\\ >wo auch immer du bist\\ >auf welchen Wegen \\ >du auch gehst\\ >von dem einen \\ >zum anderen Ort.\\ >\\ >Denn du bist immer dort,\\ >wo du willst sein,\\ >und wirst dort immer sein,\\ >der du bist,\\ >wenn du bist, der du bist\\ >an jedem Ort,\\ >und an jedem Ort\\ >ankommst als der,\\ >der du bist\\ >und als der, \\ >der du sollst sein\\ >und dort ankommst als der,\\ >der du sollst sein an diesem Ort, \\ >an dem du bist, der du dort bist,\\ >indem du dort bist, \\ >der du bist dann dort.\\ >\\ >So kannst du sein an jedem Ort\\ >und bist dort immer der, \\ >der du bist -\\ >egal, ob du dort bist\\ >oder ob du gehst fort\\ >an einen anderen Ort,\\ >um dort dann zu sein, \\ >der du bist\\ >an jenem Ort.\\ >\\ >Dies ist dein eines Sein\\ >an jedem all der Orte, \\ >die alle uns sind\\ >die ein jeder von ihnen \\ >sind deinem Sein \\ >ein möglicher Ort\\ >als ein Sein an jeweils dem Ort, \\ >an dem du bist,\\ >damit du bist, der du bist\\ >und damit du wirst, \\ >der du sollst sein,\\ >wo auch immer du bist.\\ >\\ >Dies ist dein Sein\\ >mit diesem einen \\ >deinen immer neuen Sein, \\ >welches ist dein Sein\\ >an jedem neuen Ort\\ >ohne zu sein \\ >ein anderes Sein\\ >als das, was du bist \\ >an jedem Ort.\\ >\\ >Und dies ist dein Sein\\ >wie kein gleiches anderes Sein\\ >an auch nur einem \\ >einzigen anderen Ort,\\ >denn genau hier \\ >hast du ein wahres Sein \\ >an jedem Ort\\ >und bist an jedem Ort \\ >entsprechend dem, \\ >wie der Ort einem jeden ist,\\ >der diesen nimmt \\ >als einen wahren Ort\\ >- nämlich als einen Ort, \\ >der da ist immer der eine, \\ >und der er ist als der eine Ort, \\ >der er ist einem jeden,\\ >der da ist an diesem Ort\\ >als genau der Ort, \\ >der diesen ist\\ >ein anderer Ort\\ >als all die anderen, \\ >die da sind Orte des Seins\\ >denen, die da sind dort.\\ >\\ >Denn wäre einer nicht dort,\\ >sondern an einem anderen Ort,\\ >dann wäre auch er \\ >ein anderer \\ >an jenem Ort\\ >und nicht der, der er gern wäre \\ >an diesem Ort.\\ >\\ >Deshalb sollst auch Du sein \\ >genau der, \\ >der Du bist an diesem Ort,\\ >dann ist auch dir der Ort\\ >als dein Ort genau so,\\ >wie dir kann sein \\ >kein anderer Ort\\ >und ist zugleich so, \\ >wie er keinem anderen ist,\\ >der da wäre statt dir\\ >an diesem Ort.\\ >\\ >So nimm einen jeden Ort\\ >als den, der er dir ist\\ >und als den, der er dir will sein\\ >für dein Sein an diesem Ort\\ >als der, der du bist dann dort.\\ >\\ >So nimm auch den Ort\\ >deines jetzigen Seins \\ >als der, der du bist \\ >an diesem Ort, \\ >und sei diesem Ort der, \\ >der du bist an diesem einen,\\ >denn nur so bist du ganz dort\\ >an deinem Ort.\\ >\\ >So bist und wirst du zugleich \\ >dir selbst ein einziger Ort\\ >und dieser geht nie dir fort,\\ >wo auch immer du bist -\\ >egal, an welchem Ort.\\ >\\ >So meide das Nicht\\ >und schaue ins Licht\\ >und sei, der du bist\\ >an dem Ort, wo du bist,\\ >denn nur so geht es\\ >und anders geht es nicht\\ >an jedem Ort.\\ >\\ >So sei an dem Ort,\\ >wo du bist\\ >genau der, \\ >der immer du bist,\\ >und dort sei auch, \\ >der du bist \\ >genau diesem Ort,\\ >denn hier bist du dort\\ >und dort bist du \\ >hier bei dir\\ >und so immer\\ >an deinem Ort\\ >und immer bei dir.\\ \\ \\ ====Die Wegewisser==== >Wenn einer dir sagen will, was der rechte Weg sei,\\ >dann ist der nicht recht auf dem seinen,\\ >weil er dir recht redet von dem deinen,\\ >während er zu gehen vorgibt den seinen.\\ >Doch dies kann nicht sein jemandes Weg,\\ >daß dieser stille steht in seinem Gehn,\\ >um nach dem deinen und dem anderer zu sehn.\\ >\\ >Daher kannst du nicht sein\\ >auf deinen rechten Wegen,\\ >wenn du Gehör schenkst dem einen,\\ >der dir erzählen will vom Wegegehn\\ >und vom rechten Erkunden des deinen,\\ >während dieser nicht geht den seinen.\\ >\\ >Wie könnte einer wissen vom rechten Gang des deinen,\\ >der nicht bemerkt den fehlenden Gang des seinen\\ >und trotzdem meint, er könnte dir weisen den deinen,\\ >als wüßte er mehr vom rechten Gehen des deinen,\\ >als er weiß vom Gehen des seinen?\\ \\ (c) Ralf Rabemann \\ {{tag>Gedichte Ort Weg}} <= [[/texte/gedichte/start|zurück]]\\ => [[/texte/gedichte/der-mensch-an-sich]]\\ => [[/texte/gedichte/ich]]\\ => [[/texte/gedichte/liebe]]\\ => 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